Installation Henrichshütte
EN Kunst 2006
‚Das Leben ist ein Kunstwerk und das Kunstwerk ist Leben’
[Emmet Williams]
Die Fähigkeit, Vorstellungen des Realen zu verändern, neue Begriffe zu bilden, das eigene Bewusstsein zu ver-wandeln, macht aus Menschen nicht nur Autoren von Kunst sondern auch Schöpfer der Wirklichkeit …Kunst wird damit zur „Weltanschauung“.
Im Rahmen der „EN-Kunst 2006“ installierten die beiden Künstler B. Felician Siebrecht und KL Pempeit von September bis November 2006 auf dem Gelände des LWL-Industriemuseums Henrichshütte in Hattingen ihre eigens für diesen Ort entwickelte Arbeit „17 Tafeln“.
Die ca. 20 m breite und 2 m hohe Installation nahm dabei bewusst direkten Bezug auf die “gewordene” Umgebung auf dem Gelände der Henrichshütte. Gefundene, zufällige Strukturen aus Farbe und korrodiertem Metall, die von deren ehemaliger Funktion zeugen, wurden aufgegriffen.
Losgelöst von eben dieser ursprünglichen Nutzung und Bedeutung wurden sie von den beiden Medienkünstlern als höchst ästhetische Objekte wahrgenommen und in Korrespondenz zu den ursprünglichen Objekten – quasi als Vorstellungs-Spiegelung – wiedergegeben.
Dabei wurden die zufälligen, durch (natürliche) Prozesse entstandenen Strukturen zur intuitiven Anregung. Interpretationen des Schemenhaften vertieften das bereits Vorhandene und modulierten aus dem „GeBilde“ analog das „Bild“. Scheinbar „Bedeutungsloses“ wandelte sich damit für den menschlichen Blick in „Bedeutungsvolles“.
Die Wirkung der Installation war ausgerichtet auf das Erleben jedes Einzelnen, die Beobachtung der eigenen Vorstellungsbildung und die Entdeckung der aktiven Gestaltung des Wahrgenommenen.
Für die beiden Künstler aus Iserlohn ist Interaktivität in ihrer Arbeit ein zentraler Punkt. Der „Einstieg“ der Betrachter in eine Form von Aktivität war daher betonte Absicht.
Es sollte nicht ein „Kunstwerk“ entstehen, dem sich die Betrachter gegenüber sehen, sondern es wollte Vorschlag sein, anders zu sehen, neu zu sehen – Anregung, sich die Welt in kreativer Weise zu “eigen” zu machen…
Der Ansatz, die Neuen Medien nur als Werkzeug zur Duplikation zu nutzen und den Schauplatz der Interaktivität in der äußeren Wirklichkeit zu belassen, ist dabei die Besonderheit.
Zuletzt schienen sich die Motive eingeprägt zu haben in die Originale – sie waren dort sichtbar geworden – quasi nicht mehr „weg-zu-denken“…
Das Spiel mit der eigenen Kreativität und Vorstellung – ganz im Beuysschen Sinne („Jeder Mensch ist ein Künstler“) hat die Mehrheit der Ausstellungsbesucher in seinen Bann gezogen. Einige empfanden dies sogar als Rückkehr in die eigene Kindheit, in der man eine gewisse Ausgelassenheit gegenüber den Wahrnehmungen der Welt erlebt hatte.
Die zurückbleibende Frage: „Was und wie sehen wir eigentlich wirklich?“ lässt sich übertragen auf alle Orte und Situationen menschlichen Lebens.
Siebrecht und Pempeit wollten mit dieser speziellen Visualisierung außerdem eine Analogie schaffen zum Schicksal vieler Industriebrachen, die in den letzten Jahren verstärkt durch so genannte “Umnutzungen” eine neue Existenzberechtigung erhalten haben. Auch die 17 Tafeln der Henrichshütte haben eine „Umnutzung“ bzw. „Umdeutung“ ihrer ursprünglichen Bedeutung erfahren, deren Wirkung anhält, auch nach Demontage der Installation vor Ort und die sich ausbreitet auf das gesamte Gelände.