Die aktuelle AUSSTELLUNG
„Tapes-Codes-Symbole“
im Theater Fletch Bizzel, Dortmund
von Brigitte Felician Siebrecht
wurde verlängert und ist weiterhin zu sehen:
Theater Fletch Bizzel
Humboldtstraße 45
44137 Dortmund
http://www.fletch-bizzel.de/informationen/presse-downloads
Öffnungszeiten
Mo -Fr 10 – 18 Uhr
sowie am Wochenende bei Veranstaltungen
Ausstellungstext
Ausstellung Fletch Bizzl Juli 2017
Tapes, Codes, Symbole
Brigitte Felician Siebrecht
Die Ausstellung zeigt Malerei, Grafik und Drucke aus verschiedenen Serien der im Iserlohner Künstlerdorf Barendorf arbeitenden Künstlerin Brigitte Felician Siebrecht.
Tapes
In den abstrakt informellen Malereien wendet sich Siebrecht in immer neuer Weise der Erfassung der Fläche zu. Bildübergreifende gestische Bewegungen verbinden die Tiefenperspektive der Farbe mit einer teils sehr pastosen ‚Oberfläche‘.
In ihren aktuellen meist großformatigen Arbeiten nutzt sie dabei Klebebänder zur grundlegenden Erst-Strukturierung der Leinwand. Siebrecht arbeitet dabei auf dem Boden und bezieht Verkrümmungen und Verbeulungen der Leinwand absichtlich mit in den Prozess ein.
„Mit dem Tape gibt sie eine Struktur auf der Leinwand vor, eine Art Stütze.
Diese wird mit Farbspritzern, gespachtelter und gemalter Farbe überarbeitet, so dass oft eine reliefartige Struktur entsteht.
Dass sie die Leinwand nicht nur als reinen Funktionsträger sondern als gestalterischen Teil des Bildes begreift, wird durch die lockere Aufspannung deutlich.
Auch die Malerin selbst steht nicht ruhig an einer Leinwand. Das ein oder andere Mal liegt die Stofffläche auf dem Boden und wird von allen Seiten bearbeitet.
Diese Arbeitsweise erinnert an diejenige des amerikanischen Künstlers Jackson Pollock, der ebenfalls durch Herumschreiten und -laufen seine Körperbewegungen in das Bild mit eintrug und die zu gestaltende Fläche allseitig bearbeitete.
Siebrecht tut dies ebenso durch weit ausladende, gestische Armbewegungen, wie sie beispielsweise der deutsche Informelkünstler Karl Otto Götz ab der Nachkriegszeit mittels seiner Rakeltechnik umsetzte.“
(Simone Rikeit, Kunsthistorikerin)
Codes
We’re readable
Aus der Serie „We’re readable“ von 2013 stammt ein großformatiger, interaktiv angelegten Druck mit dem Titel „Wieviel von dem, was wir sehen, dürfen wir noch glauben?“
Konzept der Serie ist der Einsatz von QR-Codes als gestalterisches Element. Die Codes sind damit sowohl ornamental zu verstehen als auch gleichzeitig Informationsträger, die bei Einsatz eines QR Code Readers eine weitere Bedeutungsebene des Bildes erschließen.
Hinter den Codes verbergen sich beispielsweise Wikileaks Texte und Links sowie polizeiliche Personenprofile.
Für ihre generativen Audio-Visuellen Arbeiten setzt Siebrecht auch generatives Scripting ein und will die Undurchschaubarkeit der aktuellen Datenerfassung abbilden und die beinahe grenzenlose Manipulierbarkeit digitaler Daten in den Blick den rücken.
„Der Betrachter hat die Möglichkeit, mit dem Smartphone und einem Code-Reader die Zeichen abermals zu entschlüsseln und wird auf Sätze stoßen wie: „Internet-Nutzer werden umfassend überwacht“.
„We’re readable“ wirft Fragen auf.
Es sind Fragen wie zum Beispiel:
Welche Daten-Spuren hinterlassen wir?
Welche Auswirkungen hat digitaleTransparenz auf uns und die Gesellschaft?
Welchen Bildern, Nachrichten und Informationen können wir glauben?
Wie funktioniert Demokratie, Selbstbestimmung, Freiheit in Zeiten massenhafter Datenspeicherung und Überwachung? “
(Simone Rikeit, Kunsthistorikerin)
Where is my Code?
Einige grafische Arbeiten mit dem Titel „Where is my Code?“ greifen das Thema der digitalen Daten in eher philosophischer Weise auf:
Die schwarz weiß gehaltenen Portraits zeigen Gesichter in selbstreflektierender, fragender Haltung. Siebrecht fotografiert die fertigen Zeichnungen und extrahiert den in ihnen verborgenen digitalen Code. Diesen nutzt sie dann in einem weiteren Schritt wiederum als formales Gestaltungselement und druckt ihn über die bereits bestehenden Bilder. Die Bilder enthalten sich damit quasi selbst in verwandelter Weise.
Symbole
Die Serie „LAYERS.of.LIFE“ entstand zwischen 2008 und 2013 im Austausch mit der Frankfurter Autorin Beate von Devivere. Der gedankliche Ausgangspunkt ist dabei das Gedicht „delphi – frankfurt – der jugendliche wagenlenker“ von Devivere – die Motive zeigen situative Ausschnitte mit jugendlichen Protagonisten.
Die Arbeiten entstanden in einer Kombination aus Fotografie, Digitaler Komposition und Malerei.
Inhaltlich werden dabei in eher parallel angeordneten Schichten Sinnüberlagerungen angeordnet… Mythologisches im Alltäglichen, funktionale Symbole und Identitäten, modische Religiositäten, Wireframes des Realen, käufliche Identitässtiftungen, bedeutungsvolle Dekoration und Analogie von Widersprüchen…
delphi – frankfurt
der jugendliche wagenlenker
die anmutigen kämpfer
sind mitten unter uns
sie lösen die gleiche fahrkarte
sitzen neben uns
in den u-bahnen der metropolen
lenken ihre unsichtbaren wagen
auf dem weg ins freie
siegesgewiss und geschmeidig
halten sie die zügel in der hand
noch immer lädt der parnass sie ein
und sie träumen von dem gipfel
ihr wunderbares in falten gelegtes gewand
eine verschlissene jeans ihre gaben
tragen sie in haltbaren rucksäcken
mit der aufschrift vision
sie schmieden ihre pläne mit einem lächeln
auf ihrem leicht geöffneten mund
schauen sie in ihre zukunft
so anmutig
© Beate von Devivere, 1. Preis Lyrik, deutschsprachiger Literaturwettbewerb Künstlergilde 2007